Ein Tierschutzhund kommt nach Hause

Kleiner Ratgeber zur Eingewöhnung

Als allererstes möchten wir Sie zu Ihrem neuen Familienmitglied beglückwünschen! Herzlichen Dank, dass Sie sich für einen Hund aus dem Tierschutz entschieden haben und diesem eine Chance und ein neues Leben geben.

Mit dessen Einzug beginnt jetzt ein ganz besonderer Abschnitt für Sie und Ihr neues Familienmitglied. Es gilt jetzt, sich in den kommenden Tagen und Wochen aufeinander einzuspielen und gegenseitiges Vertrauen aufzubauen. Mit einem Tierschutzhund nehmen Sie auch immer ein Stück seiner Vergangenheit, die vielleicht nicht so schön war, bei sich auf. Es liegt jetzt an Ihnen, dem Tier in den kommenden Wochen zu zeigen, dass die Zeit der Einsamkeit, Angst, Unruhe oder Unsicherheit endgültig vorbei ist.

  • Jedoch das Wichtigste ist: Geben Sie Ihrem Hund genügend Zeit! Insbesondere am Tag, an dem Sie ihn nach Hause holen, sollten Sie alles sehr langsam angehen. Lassen Sie ihn in aller Ruhe sein neues Zuhause erkunden, alles abschnüffeln und jede Ecke untersuchen.
  • Rufen Sie ihn nicht ständig zu sich, sondern überlassen Sie dem Hund die Entscheidung, ob er zu Ihnen kommen möchte. Gehen Sie nicht alle gleichzeitig auf ihn zu und bedrängen Sie ihn nicht. Auch kann es ihn überfordern, wenn alle auf ihn einreden und/oder ihn mit Leckerchen „bombadieren“.
  • Am Besten beobachten Sie ihn einfach nur. Sprechen Sie ruhig und geduldig mit ihm. Wenn er nicht auf Sie reagiert, werden Sie nicht lauter. Denn der Grund wird weniger in einem tatsächlichen Hörproblem liegen, sondern vielmehr darin, dass Ihr Hund Sie tatsächlich nicht versteht! Und ein Anschnauzen wird ihn eher verunsichern, anstatt ihm helfen, Ihren für ihn noch unverständlichen Anweisungen zu folgen.
  • Körperliches Bedrängen – z.B. umarmen Kinder sehr gerne die Hunde – sollte auch auf alle Fälle vermieden werden!
  • Geben Sie dem Hund und sich Zeit. Überfordern Sie den Hund nicht, indem Sie gleich die ganze Familie, Nachbarn oder Freunde einladen, ihn „vorführen“, längere Zeit außer Haus sind oder Aktivität an Aktivität reihen. Das heißt aber nicht, dass sie ihm rund um die Uhr Gesellschaft leisten müssen. Gewöhnen Sie ihn langsam und ihn kleinen Abschnitten daran, dass es völlig in Ordnung ist, auch mal alleine zu bleiben. Lassen Sie ihn in einem Zimmer und gehen sie ins nächste, ohne ihn.
  • Lassen Sie ihn in den ersten Tagen nicht alleine (auch Nachts nicht). Tierschutzhunde leben meist in einem Rudel und sind das alleine sein nicht gewöhnt.
  • Machen Sie keine große Zeremonie beim Abschied oder Wiedersehen. Es ist völlig normal, wenn Sie weggehen. Geben Sie ihm einen Futterkong, mit dem er sich beschäftigen kann. Wenn Sie so die erste Zeit des Alleinseins überbrücken, wird es für den Hund leichter sein, auch längere Zeit, alleine zu sein.
  • Bieten Sie dem Hund mehrere Schlaf- und Rückzugsplätze an. An Stellen die ihm Ruhe geben und er nicht nonstop Reizen ausgesetzt ist und welche, von denen gerade unsichere/ängstliche Hunde aus ihren Menschen und neuen Reizen zugucken können und sich so an sie gewöhnen können.
  • Geben Sie dem Tier Sicherheit durch einen geregeltem Tagesablauf mit Spaziergängen, Zeiten der liebevollen Zuwendung, des Spielens (keine Raufspiele oder keine Ballspiele mit permanenten Hinterherlaufen und keine Zerrspiele!)
  • Legen Sie allgemeine Essensrituale fest: wo soll sich der Hund befinden, wenn Sie essen.
  • Auch ist es wichtig, dass alle Familienmitglieder an einem Strang ziehen, sich alle an dieselben Regeln halten und nicht, dass einer dem Hund etwas gestattet, was ein anderer ihm untersagt. Solche Inkonsequenzen sind für ein Tier schwer zu verstehen und verunsichern es nur unnötig.
  • Scharfe Worte, Ungeduld, ungerechtes Verhalten, zügellose Wut und Unbeherrschtheit zerstören das Vertrauen, das sich ja langsam bei Ihrem Hund aufzubauen beginnt. Tun Sie ihm das nicht an. Bitte vergessen Sie nicht, dass dieses Tier sehr wahrscheinlich keine so einfache Vergangenheit hatte, und es wirklich verdient hat, dass Sie ihm als berechenbarer, fairer und verständnisvoller Partner und Freund entgegentreten!
  • Jedoch ist Mitleid, was nicht zu verwechseln ist mit dem notwendigen Mitgefühl, vor allem bei Tierheimhunden fehl am Platz. Mitgefühl, Respekt und Einfühlungsvermögen ist das, was der Hund jetzt dringend von Ihnen braucht. Mitleid lässt Sie und Ihren Hund in der Vergangenheit verharren und hemmt die Weiterentwicklung. Es beginnt ein neues Leben für Ihren Hund (und Sie): Schauen Sie nur nach vorne!
  • Sicher hatten diese Hunde eine Vergangenheit, die nicht so glücklich war, sie haben ihre vertraute Umgebung verloren, wurden vielleicht misshandelt oder sind gar durch das Erlebte traumatisiert. Gerade diese Hunde brauchen eine konsequente Führung, einen Menschen, an dem sie sich orientieren können. Zeigen Sie ihrem Hund, was Sie von ihm erwarten, setzen Sie ihm Grenzen und sagen Sie ihm, was er darf und was nicht.
    Ungünstig ist der Rat „Lass ihn doch! Er hatte eine so schlechte Vergangenheit, jetzt braucht er seine Freiheit“. Diese Entscheidungsfreiheit würde Ihren Hund völlig überfordern. Nehmen Sie ihm den Druck der Entscheidung ab und geben Sie ihm Halt und Führung in einer Welt, die für ihn völlig durcheinander geraten ist.
  • Machen Sie es dem Hund mit einem respektvollen, fairen und konsequenten Umgang deutlich. Konsequenz hat nichts zu tun mit Druck, Zwängen, Gewalt und Gängeln mit Kommandos!
  • Es gilt jetzt in erster Linie Vertrauen aufzubauen. Förderlich dafür sind gemeinsame Spiele und Aktivitäten. Ruhige Spiele eignen sich da besser. Man kann Suchspiele im Haus, Garten oder auch unterwegs mit dem Hund machen. Gesucht werden kann Futter, Spielzeug oder auch Personen (z.B. die Kinder oder Sie selbst). Sehr interessant für den Hund sind auch Futterbälle oder Kongs. Es gibt zahlreiche Rezepte und der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt. Man kann den Hund auch über einen Baumstamm laufen oder springen lassen, auch mal gemeinsam. Loben Sie ihn viel, ja, besser noch freuen Sie sich richtig über die verschiedenen Dinge, die er tut.

Kinder und Hunde

Generell ist es zu empfehlen, dass Kinder und Hunde nicht alleine miteinander sind. Es kann immer zu unvorhersehbaren Situationen kommen.

Kinder könnten dem Hund versehentlich weh tun, vielleicht am Fell ziehen, ihn spielerisch kneifen oder pieksen, ihn schubsen, ihm sein „Spieli“ oder Futter wegnehmen – und plötzlich ist die Grenze der Toleranz des Tieres überschritten. Möglicherweise schnappt der Hund in seiner Bedrängnis und landet dann wohlmöglich wieder im Tierheim, obwohl sein Verhalten nur natürlich ist und KEIN Fehlverhalten darstellt.

Zeigen Sie Ihren Kindern den richtigen und respektvollen Umgang mit dem Hund. Sie dürfen ihn nicht als „Spielzeug“ sehen, sondern sollen sich darüber klar sein, dass ein Hund auch Bedürfnisse und Empfindungen hat, die sich noch nicht mal so sehr von unseren unterscheiden.

Erklären Sie Ihren Kindern eindringlich, dass ein Hund auf keinen Fall gestört werden darf, wenn er:

  • frisst
  • schläft
  • mit seinem Kauknochen oder seinem Spielzeug beschäftigt ist
  • sich auf „seinen“ Platz zurückgezogen hat
  • in eine Auseinandersetzung mit einem anderen Hund verwickelt ist.

Die erste Zeit: Nur angeleint spazierengehen

Wir raten Ihnen, den Hund die erste Zeit, nur angeleint und doppelt gesichert mit Geschirr auszuführen und seien Sie achtsam, das er nicht in einem Moment entweichen kann, z.B. beim Öffnen der Haus-, oder Autotür. Noch sind Sie beide zu wenig vertraut und Sie können den Hund noch nicht so gut einschätzen.

Wie er auf Radfahrer, fremde Kinder, Skater oder Jogger reagiert, wissen Sie noch nicht. Manche Hunde „jagen“ auch Autos. Oder aber, er hat Angst vor lauten Geräuschen, wie zum Beispiel einem Flugzeug, Krankenwagensirenen usw. und möchte fliehen, wenn sie plötzlich ertönen. Dies alles werden Sie erst im Laufe der Zeit herausfinden. Wann Sie ihn frei laufen lassen können, werden Sie selbst entscheiden müssen.

Es kann förderlich sein, mit einem befreundeten Hundebesitzer und dessen Hund spazieren zu gehen. Ein gut sozialisierter Artgenosse kann Ihrem Vierbeiner Sicherheit geben.

Das Kommen auf Ruf üben Sie am besten schon Zuhause, dann auf einem umzäunten Platz oder an einer mindestens 10m langen Schleppleine, die natürlich nur am Geschirr befestigt werden darf.

Mögliches Auftreten von Durchfall, Urinieren oder Erbrechen

Einige Hunde leiden stressbedingt schon im Tierheim an Verdauungsproblem und haben sehr oft Durchfall, ohne dass eine organische Erkrankung vorliegt.

Der Umzug vom Tierheim in ein neues Zuhause ist für den Hund in der Regel sehr aufregend. All die neuen Eindrücke und der neue, ungewohnte Tagesablauf kann auch beim robustesten Vierbeiner zu Verdauungsproblemen und auch zu Erbrechen führen.

Auch neigen gestresste Hunde zu vermehrtem Urinieren. Sollte es deshalb zu dem ein oder anderen „Unfall“ im Haus kommen, sehen Sie es nicht gleich als Unsauberkeit. Geben Sie dem Vierbeiner noch etwas Zeit.

Füttern Sie dem Tier bei starkem Durchfall kein Dosenfutter sondern nur leicht verdauliche Eiweißkost. Hüttenkäse oder Magerquark mit gekochtem Reis oder mit gestampften Kartoffeln und frisch geriebene Karotten eignen sich dafür. Der Stuhl müsste sich dann nach wenigen Tagen normalisieren.

Wir wünschen Ihnen alles Gute mit Ihrem neuen Familienmitglied!